Sommer 2020
Die vielen Anmeldungen zur Radltour und dem Spaziergang entlang des Dachau-Schleißheimer Kanals zeigen das große Interesse an einem kaum beachteten Kulturerbe und Baudenkmal von europäischem Rang: dem barocken Nordmünchner Kanalsystem.
Wo kommt das Wasser her, wo fließt es hin? Viehgassen-, Forellen-, Gröben- , Polln- und Ascherbach, Holzgartenkanal und Tiefengraben, Würm und Amper. Im Stadtgebiet von Dachau kann man da schon mal den Überblick verlieren. Aufklärung brachte die Kunsthistorikerin Frau Berger-Jenkner von den Dachauer Gästeführerinnen e.V. Gleich zu Beginn der Radltour erklärte sie den Ursprung der vielen natürlichen und künstlichen Moosgewässer. Denn wasserreich ist das Moos - im 17. Jahrhundert sogar so wasserreich, dass man trockenen Fußes nur auf der Münchner Chaussee von München nach Dachau gelangte.
Als der Kurfürst Max Emanuel das Kanalsystem anlegte, erfüllte es gleich mehrere Funktionen: Es war Transportweg für das Baumaterial der Schlösser Dachau, Schleißheim und Nymphenburg. Es war eine Blickachse sowie ein weithin sichtbares Zeichen für die Ingenieurskunst und den Herrschaftsanspruch des Kurfürsten. Und schließlich diente es der höfischen Gesellschaft für vergnügliche Lustfahrten zwischen den Schlössern. Zum Beweis dafür, dass dies keine Mär ist, zeigte Frau Berger-Jenkner Bilder der prunkvoll ausgestatteten Gondeln.
Im Stadtgebiet Dachau ist der Kanal oft weniger attraktiv und versiegt immer wieder.
Mit der Beschaulichkeit des Kanals ist es aber vorbei. Auf der Schleißheimer Straße und im weiteren Verlauf entlang der B471 verkehren nun statt Gondeln und Transportbarken die Pendler zwischen Dachau und Schleißheim. Der Kanal wurde abschnittsweise zugeschüttet und ist dort im Gelände kaum noch zu erkennen. Um dem Verkehrslärm zu entgehen, führte die Radltour nicht nur entlang des Kanals, sondern auch durch das Dachauer Moos. Die Teilnehmer der Radtour erfuhren von ihrer kompetenten Führerin vieles zum Wandel der Landschaft durch Entwässerung und Torfabbau. Heute ist der Kanal nicht nur Kultur- sondern auch Naturerbe. Als Teil des europäischen Schutzgebietssystems Natura 2000 beherbergt er seltene gewässergebundene Tierarten, wie die vom Aussterben bedrohte Libelle Helm-Azurjungfer.
Am Schleißheimer Schloss präsentiert sich der Kanal von seiner besten Seite.
Weitere spannende Stationen waren der Abfluss der Regattastrecke, aus dem minütlich 600 Liter Moos-Grundwasser in den Schwebelbach abfließen, sowie die Gewässerkreuzung von Schwebelbach und Kanal. An dieser Stelle rekonstruierte der Verein Dachauer Moos e.V. zur Bundesgartenschau 2005 einen 50 Meter langen Kanalabschnitt nach historischem Vorbild.
Am Schleißheimer Schloss angekommen, befand sich die Radlgesellschaft bereits auf dem trockenen Boden der Garchinger Heide. Dort erfüllte der Dachau-Schleißheimer Kanal noch eine weitere Funktion: Es speiste die Wasserspiele der Parkanlagen des Schlosses!
Das Interesse an dem lange Zeit in Vergessenheit geratenen Baudenkmal bestärkt den Verein Dachauer Moos e.V. in seinen Anstrengungen, das Kanalsystem wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit und der politischen Entscheidungsträger zu bringen. Vom Verein beauftragt, liegen eine Machbarkeitsstudie sowie ein Gewässerentwicklungsplan zur Reaktivierung des Dachau-Schleißheimer Kanals vor. Jetzt heißt es „nur“ noch: Packen wir´s an.
Geschichtliche, geografische und ökologische Zusammenhänge anschaulich erklärt:
Die Historikerin Frau Berger-Jenkner vor dem Schleißheimer Schloss